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Dies ist... ein Beweis meiner unglaublichen Liebe zu Nana und meiner Unfähigkeit, etwas intelligentes, romantisches, sinniges zu schreiben. What ever:
Titel: sind uncool.
Original? Jepp.
Welches? Lucien und Frank
Warnungen: Total OOC. ...Ich schreibe meine eigenen Charaktere OOC...
Challenge: Nachtbaden
Wörter: 2.082
Sonst noch was? Ich lieeebe Björn. Und es ist schlecht. - Ehrlich.
Es war spät, die Musik war schlecht, das Bier alkoholfrei und er fragte sich wirklich, was er eigentlich hier machte. Er war sich nicht einmal wirklich sicher, wer jetzt der Gastgeber dieser Party war, aber... Himmel. Er war achtzehn Jahre alt, eine Sache, die hoffentlich nie wieder eintreffen würde und deshalb ausgenutzt werden musste, genau wie die Tatsache, dass er ausdrücklich eingeladen worden war. Außerdem brauchte Frédérique jemanden, der sie irgendwann nach hause fuhr. Für irgendwas musste der Führerschein doch gut sein.
Er nippte wieder an seinem Bier und ließ seinen Blick über die anderen Besucher dieser Party streifen. Die Auffassung, dass die Musik aufsehenerregend schlecht war, teilte er sich wohl nur mit dem großen Bruder des Gastgebers (der Gastgeberin?), der offensichtlich miesgelaunt an der provisorischen Bar stand und ein Bier nach dem anderen kippte. – Armer Kerl, aber bei dem Lärm konnte nun wirklich niemand schlafen.
Die anderen Anwesenden... waren ein äußerst bunt gemischter Querschnitt durch seine Stufe. Nicht, dass er sich je die Mühe gemacht hatte, zu analysieren, wer mit wem in welcher Beziehung stand und welche Clique (aus wem auch immer bestehend) sich mit welcher anderen bekriegte, aber die Tatsache, dass er sich mit Frank Degener im selben Garten, auf der selben Party befand, bedeutete, dass irgendjemand sehr wahllos die Gästeliste zusammengewürfelt hatte.
Neben ihm saß ein Mädel, dessen Namen er nicht kannte, aber von der er immerhin vermutete, dass er mit ihr Geschichte hatte, offensichtlich schon angetrunken, und versuchte auf Teufel komm raus mit ihm zu flirten. – Hätte ihn nicht Hauke netterweise darauf aufmerksam gemacht, hätte er es nicht einmal bemerkt.
Partys frustrierten ihn. Nicht unbedingt wegen der Erkenntnis, dass er auf ewig Single bleiben würde, weil sich jedes Mädchen, das sich für ihn interessierte erst halb ins Koma saufen musste, um den Mut (oder den Masochismus) zu entwickeln, ihn anzusprechen, oder weil ihm die Spaßkultur fremder als fremd war, sondern... sonst so.
Es war erniedrigend, sonst eigentlich intelligente Menschen dabei zu beobachten, wie sie einander mit wachsender Begeisterung in einen Swimming Pool stießen und dabei manisch gackerten. Lucien war durchaus froh, seine Schwester nicht mehr zu sehen, obwohl das wahrscheinlich hieß, dass sie grade irgendein Mitglied der Basketballschulmannschaft verführte... oder gnadenlos beim Poker ausnahm. Hoffentlich letzteres.
Es war wirklich schlimm genug, besten Ausblick auf einen lachenden, nur mit einer Bermuda bekleideten Frank Degener zu haben, dessen Wangen gerötet waren und dem das dunkle Haar nass im Gesicht klebte, während er ein hübsches Mädel mit viel zu knappen Bikini im Wasser auffing. – Gott, war das albern.
Gedanklich schrieb er sich ein Memo: Nie wieder Pool-Party. Schon gar nicht, wenn ich dabei nicht trinken darf.
„Du, Luschjen?“ Widerwillig wandte er sich vom merkwürdigen Verhalten seiner Mitschüler ab und widmete seine Aufmerksamkeit dem besoffenen Mädchen zu seiner rechten.
„Hm?“
„Sag mal... Findest du mich hübsch?“
Er dachte einen Moment darüber nach. Sie war tatsächlich hübsch. Wirklich. Vielleicht ein bisschen klein, zu zierlich für seinen Geschmack, aber davon abgesehen durchaus. „Spielt das eine Rolle?“
Sie starrte ihn an, aber ihre Augen fokussierten nicht einmal mehr richtig. Irgendwie tat sie ihm beinahe leid. „Natürlich.“
„Okay, von mir aus, du bist hübsch. Hilft dir das?“
Sie dachte offensichtlich darüber nach. „So wie du das sagst nicht, nein.“
Er grinste. „Tut mir leid.“ Tat es nicht, aber... wie gesagt, er hatte Mitleid mit dem Mädchen. So ein bisschen. – Lucien hoffte tatsächlich für sie, dass sie sich am nächsten Morgen nicht mehr an diese Unterhaltung erinnern konnte.
„So wie du das sagst klingt es beinahe wie eine Beleidigung...“, überlegte sie weiter. Er zuckte mit den Achseln. Interessierte ihn eigentlich nicht. Sein Ziel war es nie gewesen, nett zu ihr zu sein.
„Würdest du trotzdem mit mir schlafen?“
Er hatte bereits wieder zu einem Schulterzucken angesetzt, als ihm aufging, was genau sie gefragt hatte. Erstaunt hielt er inne. Darüber musste man nachdenken... würde er? Sein Lebensplan sah durchaus nicht vor, als Jungfrau zu sterben... „Hm... Nein, ich denke nicht. Schon gar nicht wenn du betrunken bist.“
„Oh. Gut.“ Sie sackte auf dem Tisch zusammen und Lucien schüttelte den Kopf. Himmel, was war hier los? Er wollte wirklich nur noch hier weg.
Unmoralische Angebote waren zwar irgendwie ehrend, aber... doch nicht sein Spezialgebiet. Sollte sie sich mit so was doch an Degener wenden, den störte das bestimmt nicht. Andererseits hätte er es ihr vielleicht übel genommen, dass sie ihn wegen einer solchen Sache darin unterbrach an der Beckenwand mit dem Bikini-Mädchen rumzuknutschen.
So. Das war’s. Er wollte sich nicht das Paarungsverhalten seiner Mitschüler angucken. Ernsthaft nicht. Er stieß sich von dem Tisch, an dem er gelehnt hatte, ab, warf noch einen Blick auf das schlafende Mädchen (Gut, sie schlief wirklich und war nicht ohnmächtig geworden.) und machte sich auf die Suche nach seiner Schwester. Er musste hier dringend raus.
Aber Frédérique war nicht aufzutreiben. Dafür stolperte er über den mitten im Flur eingeschlafenen Hauke, betrat das Bad, als sich der Sohn seines Physiklehrers grade übergab, und irgendwann saß er neben dem angetrunkenen Stufengenie Björn auf dem Sofa und versuchte irgendetwas Intelligentes zu dessen Selbstzweifeln zu sagen.
Fuck. Das war... schlimm. Es gab Gründe dafür, aus denen er den Kontakt zu seinen Mitschülern (mit Ausnahme von Frédérique, Hauke, Degener und vielleicht zwei anderen) mied. Er wollte gar nicht wissen, was in ihnen vorging, und was passierte, wenn sie sich betrunken hatten, aber jetzt... saß er als potentiell einzige nüchterne Person in einer Gruppe besoffener Jugendlicher und hatte nicht die geringste Chance auf einen Filmriss. Fuck.
Insgesamt... machte ihm das alles Angst.
„Lucien, ich meine, so schlimm bin ich nicht, oder?“
Er zog eine Augenbraue hoch. Nein, war er wirklich nicht. In der Tat war Björn sogar eine der wenigen Personen auf diesem Planeten, denen Lucien einräumte, dass sie durchaus irgendwie, einfach nur... nett waren. „Ehrlich nicht.“
„Aber ich werde trotzdem nie irgendwen abkriegen.“
Äh... was sagt man dazu? Würde er. Irgendwann würde er eine Freundin haben, sie nach zwei Monaten genervt verlassen, irgendwann würde er wahrscheinlich sogar heiraten, ein Kind haben, beim Scheidungsdrama arm werden... Halleluja. Sollte er ihn mit diesem Wissen beruhigen? – Eben.
„Also, ich würd dich nehmen.“ Lucien hatte nicht die geringste Ahnung wo dieser Satz herkam, aber... es stimmte so. Und das musste dann reichen.
Björn grinste. „Danke. Ich denke drüber nach... Sobald gesellschaftlicher Selbstmord eine Alternative geworden ist.“
Jetzt grinste auch Lucien. „Ich warte auf dich.“
„Beruhigend, ernsthaft.“ Er hob seine leere Bierflasche, als wolle er ihm zuprosten. „Und bevor ich das Angebot noch heute annehme, mache ich mich jetzt auf den Weg nach hause. Gute Nacht, Schatz.“
Lucien grinste ihm hinterher. Merkwürdigerweise fühlte er sich jetzt wirklich einsam. Verrückte Sache. Ernsthaft verrückt. Aber immerhin hatte Björn so etwas wie die letzten Reste seines Glaubens an die Menschheit reaktiviert... Wie auch immer er das mithilfe von alkoholgetriebener Verzweiflung geschafft hatte.
Lucien brauchte jetzt definitiv noch ein Bier.
Draußen im Garten hatte sich die Zahl der Anwesenden erschreckend stark minimiert... Der Pool war plötzlich verlassen und abgesehen von dem Mädel am Tisch, dem großen Bruder, der immer noch trank, und einem Pärchen, das neben den Begonien einträchtig nebeneinander eingeschlafen war, war hier nichts mehr los. Fast fand Lucien es schade, dass er diesen panischen Rückzug verpasst hatte. Doch, das hätte spaßig werden können.
Der verzweifelte Bruder reichte ihm noch eine Bierflasche und verabschiedete sich dann mit einem Nicken. Die Musik war etwas leiser gedreht worden und offenbar hatte sich irgendjemand erbarmt und eine etwas bessere CD eingelegt. Plötzlich war Lucien fast... alleine.
Beinahe alleine in einem Garten, von dem er nicht wusste, wem er gehörte, zusammen mit drei Alkoholleichen, passabler Musik, einem alkoholfreien Bier und einem schwach beleuchteten Swimming Pool, in dem Chipstüten, Bier- und Weinflaschen, Lametta, ein Bikinioberteil und zwei T-Shirts schwammen.
Irgendwie trostlos. – Und in dieser Trostlosigkeit irgendwie cool.
Durchaus gewillt, sich für den Rest des – er sah auf die Uhr – Morgens an dieser Trostlosigkeit und der allgemeinen Sinnlosigkeit von Partys zu freuen machte Lucien es sich mit seiner Bierflasche am Beckenrand bequem und ließ die Beine im Wasser baumeln. Eventuell würde er gleich sogar ein paar Bahnen schwimmen. Immerhin musste es einen Sinn haben, dass er hier in einer Badehose aufgetaucht war. Außerdem wären Bahnen zwischen aufgeweichten Kartoffelchips herrlich ironisch.
Beinahe schade, dass es niemand mitbekommen würde.
Er schloss die Augen und grinste. Vielleicht war das hier alles doch nicht ganz so schlimm... Oder wenigstens nur bedingt.
Im nächsten Moment fand er sich von Wasser umgeben wieder.
Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er mit dieser Situation zu recht kam, aber dann stieß er sich vom Poolboden ab und schoss durch die Wasseroberfläche. Er drehte sich zum Beckenrand, griff nach den Fußgelenken, die sich dort über ihm zeigten, und zog daran.
Sekundenbruchteile später tauchte ein dunkler Haarschopf neben ihm auf und wurde ihm ein Schwall Wasser ins Gesicht gespuckt. „Arschloch!“
Lucien grinste den nur wenige Zentimeter von ihm entfernt Wasser tretenden Kerl an. „Das geht retour, Degener. Wer hat mich denn hier reingeschubst?“
„Das war Rache. Dafür, dass deine Schwester mich beim Pokern ausgenommen hat.“
„Gutes Mädchen.“
Sie starrten einander an, Lucien grinste, Degener guckte angepisst. – Irgendwie surreal.
„Wo ist deine wasserstoffblonde Schönheit hin?“
„Hat sich von ihrem Freund abholen lassen. Eifersüchtig, Renard?“
„Darauf, dass sie nen Freund hat? – Nein, ich wollte eigentlich noch nie einen.“
Wieder starrten sie einander an. Langsam verschwand das Grinsen von Luciens Gesicht. Stattdessen kämpfte er gegen das Bedürfnis an, den neureichen Industriellensohn unter Wasser zu ziehen. Das wäre dann doch um ein Vielfaches zu kindisch.
„Was machst du hier eigentlich so alleine, Renard?“
„Die Stille genießen, bis irgendwelche Trottel vorbeikommen...“ So langsam ging Lucien auf, dass der durchtrainierte Körper seines Gegenübers knappe zwanzig Zentimeter von seinem entfernt war. Ihre Gesichter waren sich dementsprechend noch näher. Er spürte jede Bewegung des anderen durch das Wasser... Das war definitiv surreal.
Hier hing er also mit seinem Erzfeind Wasser tretend in einem Swimming Pool, umgeben von nassen Kartoffelchips, und betrachtete die Muster, die Beckenbeleuchtung und leichter Wellengang auf das Gesicht des anderen warfen. Zwei Meter von ihnen entfernt trieb das Bikini-Oberteil vorbei.
Faktisch müssten sie sich jetzt küssen.
Stattdessen warf sich Lucien auf den anderen Jungen und drückte ihn unter die Wasseroberfläche. Degener trat und schlug sich frei, zog ihn an den Beinen ebenfalls runter. Etwas, dass er nicht auf sich sitzen lassen konnte...
Minuten später hingen sie lachend und nach Luft ringend aneinander und hielten sich gegenseitig über Wasser.
Lucien fragte sich irgendwo am Rande, ob das besser war als Küssen.
Degener grinste. „Ich hasse dich, Renard.“
„Ich weiß.“ Tat er tatsächlich. Er wusste, dass Degener das ernst meinte, auch wenn es grade irgendwie anders geklungen hatte. „Ich dich doch auch.“
„Gut so.“
Sie starrten einander wieder an. In jedem verschissenen Hollywoodfilm hätten sie einander jetzt geküsst. Lucien war froh, nicht Protagonist eines Hollywoodfilms zu sein. Außerdem fragte er sich, warum er permanent daran denken musste, Degener zu küssen. Und warum der Gedanke nicht halb so ekelhaft war, wie er das eigentlich sollte. Und warum Degener eigentlich rot angelaufen war.
Sie wandten im selben Moment das Gesicht ab.
„He, Renard, sollen wir ein paar Bahnen schwimmen?“
„Um die Wette?“
„Hm.“
„Gerne.“
Ihr Kopf dröhnte wie ein Rathaus zur Hauptbetriebszeit. Auch wenn sie nicht wusste, ob Rathäuser so etwas wie Hauptbetriebszeiten hatten. Himmel. Ein bisschen zuviel Sangria.
Aber immerhin hatte sie ihre Tasche wiedergefunden. Mit einem T-Shirt drin, ihrem Wickelrock, dem Handy und mehr Geld als sie mitgebracht hatte. – Gut so, hatte sie es sich doch nicht eingebildet, dass sie beim Pokern gewonnen hatte.
Wie auch immer. Es war bereits halb Neun, sie sollte ihren nichtsnutzigen Bruder auftreiben und endlich nach hause fahren. Sie brauchte eine Dusche. Und ein Bett. Und überhaupt.
Es war irgendwie faszinierend, durch ein Haus zu gehen, das langsam nach einer Party wieder zum Leben erwachte. Überall Menschen mit Augenringen und Kater, die in irgendwelchen Ecken hockten, bereits Plastikbecher aufsammelten oder sie lediglich aus geröteten Augen anstarrten, während sie sich einen Weg durch noch schlafende Mitschüler bahnte. Lucien war allerdings nirgends unter ihnen.
Bis sie im Garten landete. Beim Swimming Pool.
Sie lächelte, als sie auf ihren schlafenden Bruder hinab sah. Er lag ausgestreckt auf den Fliesen, die den Pool umgaben, seine Haare und sein „Masturbation is not the worst choice“-T-Shirt waren noch nass, die Brille saß nur noch halb auf seiner Nase. An sich schon ein süßes Bild. Aber angesichts der Tatsache, dass Frank Degener neben ihm lag und sich an seinen Rücken geschmiegt hatte, war sie froh, ein Handy mit Kamera zu haben.
„Diese Party wirst du nie vergessen. Das kann ich dir versprechen.“
Titel: sind uncool.
Original? Jepp.
Welches? Lucien und Frank
Warnungen: Total OOC. ...Ich schreibe meine eigenen Charaktere OOC...
Challenge: Nachtbaden
Wörter: 2.082
Sonst noch was? Ich lieeebe Björn. Und es ist schlecht. - Ehrlich.
Es war spät, die Musik war schlecht, das Bier alkoholfrei und er fragte sich wirklich, was er eigentlich hier machte. Er war sich nicht einmal wirklich sicher, wer jetzt der Gastgeber dieser Party war, aber... Himmel. Er war achtzehn Jahre alt, eine Sache, die hoffentlich nie wieder eintreffen würde und deshalb ausgenutzt werden musste, genau wie die Tatsache, dass er ausdrücklich eingeladen worden war. Außerdem brauchte Frédérique jemanden, der sie irgendwann nach hause fuhr. Für irgendwas musste der Führerschein doch gut sein.
Er nippte wieder an seinem Bier und ließ seinen Blick über die anderen Besucher dieser Party streifen. Die Auffassung, dass die Musik aufsehenerregend schlecht war, teilte er sich wohl nur mit dem großen Bruder des Gastgebers (der Gastgeberin?), der offensichtlich miesgelaunt an der provisorischen Bar stand und ein Bier nach dem anderen kippte. – Armer Kerl, aber bei dem Lärm konnte nun wirklich niemand schlafen.
Die anderen Anwesenden... waren ein äußerst bunt gemischter Querschnitt durch seine Stufe. Nicht, dass er sich je die Mühe gemacht hatte, zu analysieren, wer mit wem in welcher Beziehung stand und welche Clique (aus wem auch immer bestehend) sich mit welcher anderen bekriegte, aber die Tatsache, dass er sich mit Frank Degener im selben Garten, auf der selben Party befand, bedeutete, dass irgendjemand sehr wahllos die Gästeliste zusammengewürfelt hatte.
Neben ihm saß ein Mädel, dessen Namen er nicht kannte, aber von der er immerhin vermutete, dass er mit ihr Geschichte hatte, offensichtlich schon angetrunken, und versuchte auf Teufel komm raus mit ihm zu flirten. – Hätte ihn nicht Hauke netterweise darauf aufmerksam gemacht, hätte er es nicht einmal bemerkt.
Partys frustrierten ihn. Nicht unbedingt wegen der Erkenntnis, dass er auf ewig Single bleiben würde, weil sich jedes Mädchen, das sich für ihn interessierte erst halb ins Koma saufen musste, um den Mut (oder den Masochismus) zu entwickeln, ihn anzusprechen, oder weil ihm die Spaßkultur fremder als fremd war, sondern... sonst so.
Es war erniedrigend, sonst eigentlich intelligente Menschen dabei zu beobachten, wie sie einander mit wachsender Begeisterung in einen Swimming Pool stießen und dabei manisch gackerten. Lucien war durchaus froh, seine Schwester nicht mehr zu sehen, obwohl das wahrscheinlich hieß, dass sie grade irgendein Mitglied der Basketballschulmannschaft verführte... oder gnadenlos beim Poker ausnahm. Hoffentlich letzteres.
Es war wirklich schlimm genug, besten Ausblick auf einen lachenden, nur mit einer Bermuda bekleideten Frank Degener zu haben, dessen Wangen gerötet waren und dem das dunkle Haar nass im Gesicht klebte, während er ein hübsches Mädel mit viel zu knappen Bikini im Wasser auffing. – Gott, war das albern.
Gedanklich schrieb er sich ein Memo: Nie wieder Pool-Party. Schon gar nicht, wenn ich dabei nicht trinken darf.
„Du, Luschjen?“ Widerwillig wandte er sich vom merkwürdigen Verhalten seiner Mitschüler ab und widmete seine Aufmerksamkeit dem besoffenen Mädchen zu seiner rechten.
„Hm?“
„Sag mal... Findest du mich hübsch?“
Er dachte einen Moment darüber nach. Sie war tatsächlich hübsch. Wirklich. Vielleicht ein bisschen klein, zu zierlich für seinen Geschmack, aber davon abgesehen durchaus. „Spielt das eine Rolle?“
Sie starrte ihn an, aber ihre Augen fokussierten nicht einmal mehr richtig. Irgendwie tat sie ihm beinahe leid. „Natürlich.“
„Okay, von mir aus, du bist hübsch. Hilft dir das?“
Sie dachte offensichtlich darüber nach. „So wie du das sagst nicht, nein.“
Er grinste. „Tut mir leid.“ Tat es nicht, aber... wie gesagt, er hatte Mitleid mit dem Mädchen. So ein bisschen. – Lucien hoffte tatsächlich für sie, dass sie sich am nächsten Morgen nicht mehr an diese Unterhaltung erinnern konnte.
„So wie du das sagst klingt es beinahe wie eine Beleidigung...“, überlegte sie weiter. Er zuckte mit den Achseln. Interessierte ihn eigentlich nicht. Sein Ziel war es nie gewesen, nett zu ihr zu sein.
„Würdest du trotzdem mit mir schlafen?“
Er hatte bereits wieder zu einem Schulterzucken angesetzt, als ihm aufging, was genau sie gefragt hatte. Erstaunt hielt er inne. Darüber musste man nachdenken... würde er? Sein Lebensplan sah durchaus nicht vor, als Jungfrau zu sterben... „Hm... Nein, ich denke nicht. Schon gar nicht wenn du betrunken bist.“
„Oh. Gut.“ Sie sackte auf dem Tisch zusammen und Lucien schüttelte den Kopf. Himmel, was war hier los? Er wollte wirklich nur noch hier weg.
Unmoralische Angebote waren zwar irgendwie ehrend, aber... doch nicht sein Spezialgebiet. Sollte sie sich mit so was doch an Degener wenden, den störte das bestimmt nicht. Andererseits hätte er es ihr vielleicht übel genommen, dass sie ihn wegen einer solchen Sache darin unterbrach an der Beckenwand mit dem Bikini-Mädchen rumzuknutschen.
So. Das war’s. Er wollte sich nicht das Paarungsverhalten seiner Mitschüler angucken. Ernsthaft nicht. Er stieß sich von dem Tisch, an dem er gelehnt hatte, ab, warf noch einen Blick auf das schlafende Mädchen (Gut, sie schlief wirklich und war nicht ohnmächtig geworden.) und machte sich auf die Suche nach seiner Schwester. Er musste hier dringend raus.
Aber Frédérique war nicht aufzutreiben. Dafür stolperte er über den mitten im Flur eingeschlafenen Hauke, betrat das Bad, als sich der Sohn seines Physiklehrers grade übergab, und irgendwann saß er neben dem angetrunkenen Stufengenie Björn auf dem Sofa und versuchte irgendetwas Intelligentes zu dessen Selbstzweifeln zu sagen.
Fuck. Das war... schlimm. Es gab Gründe dafür, aus denen er den Kontakt zu seinen Mitschülern (mit Ausnahme von Frédérique, Hauke, Degener und vielleicht zwei anderen) mied. Er wollte gar nicht wissen, was in ihnen vorging, und was passierte, wenn sie sich betrunken hatten, aber jetzt... saß er als potentiell einzige nüchterne Person in einer Gruppe besoffener Jugendlicher und hatte nicht die geringste Chance auf einen Filmriss. Fuck.
Insgesamt... machte ihm das alles Angst.
„Lucien, ich meine, so schlimm bin ich nicht, oder?“
Er zog eine Augenbraue hoch. Nein, war er wirklich nicht. In der Tat war Björn sogar eine der wenigen Personen auf diesem Planeten, denen Lucien einräumte, dass sie durchaus irgendwie, einfach nur... nett waren. „Ehrlich nicht.“
„Aber ich werde trotzdem nie irgendwen abkriegen.“
Äh... was sagt man dazu? Würde er. Irgendwann würde er eine Freundin haben, sie nach zwei Monaten genervt verlassen, irgendwann würde er wahrscheinlich sogar heiraten, ein Kind haben, beim Scheidungsdrama arm werden... Halleluja. Sollte er ihn mit diesem Wissen beruhigen? – Eben.
„Also, ich würd dich nehmen.“ Lucien hatte nicht die geringste Ahnung wo dieser Satz herkam, aber... es stimmte so. Und das musste dann reichen.
Björn grinste. „Danke. Ich denke drüber nach... Sobald gesellschaftlicher Selbstmord eine Alternative geworden ist.“
Jetzt grinste auch Lucien. „Ich warte auf dich.“
„Beruhigend, ernsthaft.“ Er hob seine leere Bierflasche, als wolle er ihm zuprosten. „Und bevor ich das Angebot noch heute annehme, mache ich mich jetzt auf den Weg nach hause. Gute Nacht, Schatz.“
Lucien grinste ihm hinterher. Merkwürdigerweise fühlte er sich jetzt wirklich einsam. Verrückte Sache. Ernsthaft verrückt. Aber immerhin hatte Björn so etwas wie die letzten Reste seines Glaubens an die Menschheit reaktiviert... Wie auch immer er das mithilfe von alkoholgetriebener Verzweiflung geschafft hatte.
Lucien brauchte jetzt definitiv noch ein Bier.
Draußen im Garten hatte sich die Zahl der Anwesenden erschreckend stark minimiert... Der Pool war plötzlich verlassen und abgesehen von dem Mädel am Tisch, dem großen Bruder, der immer noch trank, und einem Pärchen, das neben den Begonien einträchtig nebeneinander eingeschlafen war, war hier nichts mehr los. Fast fand Lucien es schade, dass er diesen panischen Rückzug verpasst hatte. Doch, das hätte spaßig werden können.
Der verzweifelte Bruder reichte ihm noch eine Bierflasche und verabschiedete sich dann mit einem Nicken. Die Musik war etwas leiser gedreht worden und offenbar hatte sich irgendjemand erbarmt und eine etwas bessere CD eingelegt. Plötzlich war Lucien fast... alleine.
Beinahe alleine in einem Garten, von dem er nicht wusste, wem er gehörte, zusammen mit drei Alkoholleichen, passabler Musik, einem alkoholfreien Bier und einem schwach beleuchteten Swimming Pool, in dem Chipstüten, Bier- und Weinflaschen, Lametta, ein Bikinioberteil und zwei T-Shirts schwammen.
Irgendwie trostlos. – Und in dieser Trostlosigkeit irgendwie cool.
Durchaus gewillt, sich für den Rest des – er sah auf die Uhr – Morgens an dieser Trostlosigkeit und der allgemeinen Sinnlosigkeit von Partys zu freuen machte Lucien es sich mit seiner Bierflasche am Beckenrand bequem und ließ die Beine im Wasser baumeln. Eventuell würde er gleich sogar ein paar Bahnen schwimmen. Immerhin musste es einen Sinn haben, dass er hier in einer Badehose aufgetaucht war. Außerdem wären Bahnen zwischen aufgeweichten Kartoffelchips herrlich ironisch.
Beinahe schade, dass es niemand mitbekommen würde.
Er schloss die Augen und grinste. Vielleicht war das hier alles doch nicht ganz so schlimm... Oder wenigstens nur bedingt.
Im nächsten Moment fand er sich von Wasser umgeben wieder.
Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er mit dieser Situation zu recht kam, aber dann stieß er sich vom Poolboden ab und schoss durch die Wasseroberfläche. Er drehte sich zum Beckenrand, griff nach den Fußgelenken, die sich dort über ihm zeigten, und zog daran.
Sekundenbruchteile später tauchte ein dunkler Haarschopf neben ihm auf und wurde ihm ein Schwall Wasser ins Gesicht gespuckt. „Arschloch!“
Lucien grinste den nur wenige Zentimeter von ihm entfernt Wasser tretenden Kerl an. „Das geht retour, Degener. Wer hat mich denn hier reingeschubst?“
„Das war Rache. Dafür, dass deine Schwester mich beim Pokern ausgenommen hat.“
„Gutes Mädchen.“
Sie starrten einander an, Lucien grinste, Degener guckte angepisst. – Irgendwie surreal.
„Wo ist deine wasserstoffblonde Schönheit hin?“
„Hat sich von ihrem Freund abholen lassen. Eifersüchtig, Renard?“
„Darauf, dass sie nen Freund hat? – Nein, ich wollte eigentlich noch nie einen.“
Wieder starrten sie einander an. Langsam verschwand das Grinsen von Luciens Gesicht. Stattdessen kämpfte er gegen das Bedürfnis an, den neureichen Industriellensohn unter Wasser zu ziehen. Das wäre dann doch um ein Vielfaches zu kindisch.
„Was machst du hier eigentlich so alleine, Renard?“
„Die Stille genießen, bis irgendwelche Trottel vorbeikommen...“ So langsam ging Lucien auf, dass der durchtrainierte Körper seines Gegenübers knappe zwanzig Zentimeter von seinem entfernt war. Ihre Gesichter waren sich dementsprechend noch näher. Er spürte jede Bewegung des anderen durch das Wasser... Das war definitiv surreal.
Hier hing er also mit seinem Erzfeind Wasser tretend in einem Swimming Pool, umgeben von nassen Kartoffelchips, und betrachtete die Muster, die Beckenbeleuchtung und leichter Wellengang auf das Gesicht des anderen warfen. Zwei Meter von ihnen entfernt trieb das Bikini-Oberteil vorbei.
Faktisch müssten sie sich jetzt küssen.
Stattdessen warf sich Lucien auf den anderen Jungen und drückte ihn unter die Wasseroberfläche. Degener trat und schlug sich frei, zog ihn an den Beinen ebenfalls runter. Etwas, dass er nicht auf sich sitzen lassen konnte...
Minuten später hingen sie lachend und nach Luft ringend aneinander und hielten sich gegenseitig über Wasser.
Lucien fragte sich irgendwo am Rande, ob das besser war als Küssen.
Degener grinste. „Ich hasse dich, Renard.“
„Ich weiß.“ Tat er tatsächlich. Er wusste, dass Degener das ernst meinte, auch wenn es grade irgendwie anders geklungen hatte. „Ich dich doch auch.“
„Gut so.“
Sie starrten einander wieder an. In jedem verschissenen Hollywoodfilm hätten sie einander jetzt geküsst. Lucien war froh, nicht Protagonist eines Hollywoodfilms zu sein. Außerdem fragte er sich, warum er permanent daran denken musste, Degener zu küssen. Und warum der Gedanke nicht halb so ekelhaft war, wie er das eigentlich sollte. Und warum Degener eigentlich rot angelaufen war.
Sie wandten im selben Moment das Gesicht ab.
„He, Renard, sollen wir ein paar Bahnen schwimmen?“
„Um die Wette?“
„Hm.“
„Gerne.“
Ihr Kopf dröhnte wie ein Rathaus zur Hauptbetriebszeit. Auch wenn sie nicht wusste, ob Rathäuser so etwas wie Hauptbetriebszeiten hatten. Himmel. Ein bisschen zuviel Sangria.
Aber immerhin hatte sie ihre Tasche wiedergefunden. Mit einem T-Shirt drin, ihrem Wickelrock, dem Handy und mehr Geld als sie mitgebracht hatte. – Gut so, hatte sie es sich doch nicht eingebildet, dass sie beim Pokern gewonnen hatte.
Wie auch immer. Es war bereits halb Neun, sie sollte ihren nichtsnutzigen Bruder auftreiben und endlich nach hause fahren. Sie brauchte eine Dusche. Und ein Bett. Und überhaupt.
Es war irgendwie faszinierend, durch ein Haus zu gehen, das langsam nach einer Party wieder zum Leben erwachte. Überall Menschen mit Augenringen und Kater, die in irgendwelchen Ecken hockten, bereits Plastikbecher aufsammelten oder sie lediglich aus geröteten Augen anstarrten, während sie sich einen Weg durch noch schlafende Mitschüler bahnte. Lucien war allerdings nirgends unter ihnen.
Bis sie im Garten landete. Beim Swimming Pool.
Sie lächelte, als sie auf ihren schlafenden Bruder hinab sah. Er lag ausgestreckt auf den Fliesen, die den Pool umgaben, seine Haare und sein „Masturbation is not the worst choice“-T-Shirt waren noch nass, die Brille saß nur noch halb auf seiner Nase. An sich schon ein süßes Bild. Aber angesichts der Tatsache, dass Frank Degener neben ihm lag und sich an seinen Rücken geschmiegt hatte, war sie froh, ein Handy mit Kamera zu haben.
„Diese Party wirst du nie vergessen. Das kann ich dir versprechen.“